Gästebericht einer dänischen Erinnerungsreise

Heideruh-Tour Juni 2023

Den nachfolgenden Bericht einer dänischen Reisegruppe vom Verein Horserød-Stutthof erhielten wir mit freundlicher Genehmigung zur Übernahme. Vielen Dank!

Das Original findet Ihr unter https://www.horserød-stutthofforeningen.dk/?page_id=2345 und dann etwas runterscrollen


Heute ist Heideruh ein Treffpunkt für internationale Antifaschisten aus der ganzen Welt. Es begann 1923, als eine Gruppe von Kommunisten das erste Haus baute.

Nach dem Krieg war es ein Zufluchtsort für die Widerstandskämpfer, die unter dem Faschismus – dem Nationalsozialismus – vernichtet wurden. Seitdem ist es ein Zufluchtsort für verfolgte Flüchtlinge, ein Bildungs- und Ferienzentrum und vieles mehr…

Nach einem langen Zug-, Bus- und Fußmarsch kamen wir mit etwas Verspätung an dem schönen Ort mitten im Wald an. Hier wurden wir von Bea und Heinz empfangen, die unsere fantastischen Führer und Begleiter auf der Reise waren.

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus nach Hamburg, wo wir zuerst das Ernt Thälmann Museum besuchten.

Thälmann war von 1925 bis 1933 Vorsitzender der kommunistischen Partei in Deutschland, als das Naziregime die kommunistische Partei verbot. Im selben Jahr wurde er verhaftet und 11 Jahre lang als politischer Gefangener inhaftiert, bevor er 1944 auf Hitlers Befehl hin hingerichtet wurde.

Es gab eine große internationale Bewegung für seine Freilassung, die jedoch erfolglos blieb. Das Museum war nicht sehr groß, aber man bekam schnell eine Menge zum Nachdenken. Unter anderem sah ich mir einige Bilder von den Bücherverbrennungen in Hamburg 1933 an – die heute sehr aktuell sind, wo nicht nur Bücher, Musik usw. in der Ukraine verboten sind, sondern wo die gesamte westliche Welt Kunst, Literatur, Sport, Diplomatie und vieles mehr aus Russland ausschließt.

Nach einem guten Mittagessen machten wir eine schöne Bootsfahrt durch den Hamburger Hafen.

Zurück in Heideruh gab es dann noch ein paar Bierchen und viele Gespräche.

Am dritten Tag besuchten wir das Konzentrationslager Bergen-Belsen, in dem Kriegsgefangene, politische Gefangene und Austauschjuden untergebracht waren.

Die sowjetischen (russischen) Kriegsgefangenen wurden dort furchtbar behandelt. Sie lebten in Erdlöchern, um den Winter zu überstehen, erhielten so gut wie keine Nahrung und mussten ihre Toten selbst begraben. Von den 21.000 sowjetischen Kriegsgefangenen, die allein im Laufe des Jahres 1941 ankamen, waren bis zum Frühjahr 1942 15.000 gestorben – etwa 35.000 russische Soldaten starben in diesem Lager.

Wir hatten Blumen mitgebracht, um sie vor den sowjetischen Mahnmalen niederzulegen.

Unser Fremdenführer erklärte uns, dass der Weg zur Gedenkstätte 40 Minuten dauert und sie direkt neben einem Militärgelände liegt. Anschließend legten wir die Blumen an einem großen Gemeinschaftsdenkmal ab, wo auch der sowjetischen Soldaten gedacht wurde. Danach sangen wir zum großen Erstaunen unseres Führers die Internationale.

Diejenigen von uns, die so weit gehen konnten, liefen den ganzen Weg zu den sowjetischen Gedenkstätten.

Im Museum, das riesig war, bekam man nur die polierte Geschichte der Schrecken des Nationalsozialismus zu sehen.

Natürlich löste der Besuch viele Debatten über die Schrecken des Faschismus und die Art und Weise aus, wie die Deutschen heute Informationen über diese Zeit weitergeben.

Am vierten und letzten Tag besuchten wir eine Art Freilichtmuseum mit Führung “Sniershus”. Es ging zunächst um die landwirtschaftliche Entwicklung bis die Eisenbahn nach Buchholz kam. Dann erzählte Bea – die eine fantastische Geschichtenerzählerin war – die Geschichte, wie sich der Charakter der Gegend vom Ackerland zur Industrie veränderte. Nach dem Krieg ging die Entwicklung ohne Kriegsgefangene weiter und das Gebiet wurde zu einem Industriegebiet mit vielen Arbeitern.

Am Nachmittag fuhren wir zum Brunsberg, dem zweithöchsten Punkt Norddeutschlands (129 m), von dem aus man eine sehr gute Aussicht über die Gegend hat.

Als wir zurückkamen, mussten wir grillen – es war der letzte Abend.

Bevor wir losfuhren, erzählte uns Heinz seine erstaunliche Lebensgeschichte als Arbeiter in Deutschland. Heinz hat eine dänische Mutter und einen deutschen Vater und er spricht perfekt Dänisch.

Diese kurze Geschichte kann nicht die vielen großartigen Debatten wiedergeben, die wir hatten, ohne dass uns dies und jenes vorgeworfen wird. Auch die Bilderseite ist nur eine Art von Schnappschüssen, die hoffentlich andere zum Mitfahren ermutigen werden.

Danke für ein paar fantastische Tage.

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